„Die Welt ist im Wandel“, wusste schon Galadriel in Mittelerde. Seit einigen Jahren wissen wir hier in Mitteleuropa: „Die Welt ist im digitalen Wandel“. Doch immer noch verharrt die Führungsebene so mancher Firma in abwartender „Vogel Strauß“-Haltung mit dem Kopf im Papierkrieg des Tagesgeschäfts. Die folgenden drei irrigen Annahmen können zu nachhaltiger Schädigung des Firmenwachstums führen.
Irrtum Nummer 1: Unsere Branche betrifft das nicht
Auch wenn man es kaum glauben kann, aber dieses Denken existiert immer noch. Es kommt nicht immer in dieser klaren Ausprägung daher. Manchmal versteckt es sich hinter „Projektitis“, unausgegorenen Marketing-Aktivitäten oder aufgeschobenen Anschaffungen. So mancher glaubt, dass der entstehende Schaden überschaubar bleibt oder lediglich zu einer zeitlich begrenzten Unterbrechung der Standardprozesse führt. Doch nichts kann weiter von der Realität entfernt sein. Jede Art von Unterbrechung in einem Prozess hat Auswirkungen auf andere Bereiche im Geschäftsleben, die sich schlussendlich (meist zur Überraschung aller) in schwindenden Konsumentenzahlen, versiegenden Einkommensströmen oder sogar nachhaltiger Schädigung des Geschäftsmodells selbst manifestiert.
Was kann man tun? Die Visualisierung der Geschäftsbereiche und ihres Digitalisierungsgrades wäre ein möglicher Schritt. Kennzahlen, die die Verbesserung und vor allem die Auswirkung auf Organisationseinheiten untereinander zeigen, können helfen das große Ganze im Auge zu behalten.
Irrtum Nummer 2: Wir haben noch jede Menge Zeit
Wir sind durch Katastrophenfilme im Kino schon kollektiv derart darauf programmiert, dass ein großer Tag des Zusammenbruchs kommen wird, ein Tag, an dem Tornados ganze Häuserzeilen durch die Luft wirbeln, die Erde von einer Sintflut heimgesucht wird und die Untoten auf der Erde wandeln, dass wir gar nicht sehen was vor unseren Augen passiert, denn schleichende Prozesse wollen wir nicht wahrnehmen. Da wir in Finanz- und Produktleistungszahlen denken und nicht in Systemen ist es unvermeidlich, dass wir das „Wir haben noch Zeit“-Gespenst nicht sehen.
Selbst wenn eine Unterbrechung in der Prozesskette erahnbar wird, denken wir immer noch, dass genug Zeit bleibt, um zu intervenieren. Das liegt daran, dass wir als Menschen immer langsamer sein werden als die Maschinen. Es gilt daher ein Auge auf die Geschwindigkeiten zu haben, mit denen sich einzelne Bereiche der Organisation verändern. Und dies geschieht allerspätestens dann, wenn eine Abteilung voll digitalisiert in den nächsten Gang schaltet, während eine andere Abteilung noch gemütlich Post-It’s beschriftet.
Irrtum Nummer 3: Wir lernen das zwischendurch mal
„To learn on the go”, bedeutet im englischen Sprachraum etwas parallel zum Tagesgeschäft zu erlernen. Meist durch eine wiederkehrende trial – error – evaluation Struktur. Der risikoaverse deutschsprachige Raum denkt komplexer. Es liegt in der Natur der Digitalisierung, dass sie durch und während ihrer Einführung Störungen in Standardprozessen schafft. Da Menschen unterschiedlich schnell lernen und adaptieren, bedeutet dies, dass innerhalb einer Organisationseinheit Menschen unterschiedlich schnell neue Technologien akzeptieren. Jüngere MitarbeiterInnen werden sich schneller auf Änderungen durch die Digitalisierung einstimmen können, als ältere MitarbeiterInnen. Es gilt daher ein besonderes Augenmerk auf die Gruppendynamik und den Lernwillen zu legen. Hierbei helfen unterschiedliche HR Maßnahmen.
Fazit
Zusammenfassend soll somit festgehalten werden: Die zwei von drei Digitalisierungswellen sind schon über uns hinweggefegt und dennoch haben laut einem McKinsey Bericht Industrien weltweit erst einen Digitalisierungsgrad von 40% erreicht. Vermeiden Sie Irrtümer, schaffen Sie den Irrglauben ab, öffnen Sie die Augen für das was passiert und nicht was passieren könnte. Dann können Sie gut vorbereitet auf der dritten Digitalisierungswelle zum Erfolg surfen.
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Florian Stummer
Florian O. Stummer studierte Public Health in London und Healthcare Marketing in Cambridge. Augenblicklich forscht er für sein Doktorat am Usher Institute der University of Edinburgh zum Thema „Implementation of tele-consultation in Primary Healthcare