Online Therapie im Selbstversuch_Technologieengel

Hätte man mich vor zwei Woch nach meinen Lieblingsapps gefragt, wären “Whatsapp” und “Google Maps” (Orientierungssinn ist ein Fremdwort für mich.) mit Sicherheit meine Favoriten gewesen. Jetzt lautet meine Antwort:”Whatsapp, Google Maps, ach ja, und 7Cups.” Nein, “7Cups” ist kein Spiel, in dem es darum geht, sieben Tassen zu zerschlagen, um in das nächste Level zu kommen. Ganz im Gegenteil. “7Cups” ist eine von vielen Online- Therapie Apps, die ich im Selbstversuch über eine Woche lang getestet habe und hier als Beispiel aus der Kategorie der Therapie- Apps dient.

 

Jeder, der etwas auf dem Herzen hat, kann sich auf dieser App entweder einem Chatbot namens “Noni” anvertrauen. Oder mit einem “Listener” in einem Einzelchat über seine Sorgen chatten. “Listener” (sog. “Zuhörer”) sind freiwillige Personen, dir zuhören und versuchen, zusammen mit dir, eine Lösung für deine Probleme zu finden. Darüber hinaus stehen dir auch Gruppenchats zur Verfügung und bereits ab 6,74€ kannst du mit ausgebildeten Therapeuten in einem Privatchat eine Therapie beginnen. Neben den Chats hast du auch noch die Möglichkeit deinen eigenen “Genesungsweg” zu gestalten, in dem du Achtsamkeitsübungen und Emotionstests absolvierst oder dir auch einfach mal süße Tiervideos ansiehst.

Der Anfang

Meinen Selbstversuch habe ich mit dem Chatbot “Noni” gestartet. Ich schrieb ihm, dass ich etwas auf dem Herzen habe. Daraufhin hat mir “Noni” verschiedene Kategorien vorgeschlagen, in die mein Problem vielleicht hineinpassen könnte. Die Kategorienvielfalt reicht weit über Depressionen, Essstörungen und Beziehungsprobleme hinaus. Für eine Kategorie entscheiden muss man sich allerdings nicht, “Noni” kann auch ohne Auswahl dem Gespräch folgen.

Ich habe “Noni” von meinen Panikattacken und Depressionen erzählt, die mir aktuell wieder öfter zu schaffen machen. “Noni” geht nach der Problemschilderung immer nach einem ähnlichen Muster vor, dass ich bereits bei meiner eigenen Therapeutin kennengelernt habe. Der Chatbot fragt dich, wie häufig diese Probleme in der letzten Woche bei dir aufgetreten sind, seit wann du diese Probleme hast und wie du sie auf einer Skala von 1 (nicht schlimm) bis 10 (sehr schlimm) einschätzen würdest.

Unterschiede zur Gesprächstherapie mit Menschen

Bald schon stellte ich fest, dass ich in den Chats mit “Noni” sehr viel direkter und schneller zum Punkt gekommen bin, als in den Chats mit einem “Listener.” Allerdings antwortet “Noni” zwar immer sofort und ist sehr gut geeignet, um dem Chaos im eigenen Kopf eine Struktur zu geben. Wenn es dann aber um Problemlösungsansätze geht, fragte mich der Chatbot sehr schnell, ob ich mit einem “Listener” verbunden werden möchte.

“Noni” sprach mir immer wieder gut zu und ermutigte mich, ihre Fragen zu beantworten, um meine Probleme klarer darzustellen. Rasch erkannte ich, dass ich lieber einem “Listener” schrieb, als mit “Noni.” Viele der “Listener” sind selbst Betroffene und gaben mir das Gefühl, sie würden wirklich verstehen, was ich meine. “Noni” kann auf diese Erfahrungen nicht zurückgreifen und unsere Chats verliefen größtenteils immer gleich. Im Gegensatz zu Gesprächen mit einem “Listener”, die vor Individualität nur so strahlten. Trotzdem nutze ich den Chatbot öfter, um das Chaos in meinem Kopf zu ordnen, bevor ich einem “Listener” schrieb.

Mein Fazit

Die Frage, ob ein Chatbot jemals den Gang zum Therapeuten gänzlich ersetzen kann, muss ich mit “Jein” beantworten. Ja, da Therapie so allen leistbar zugänglich gemacht wird und du anonym bleiben kannst. Nein, weil es auch viele Betroffene gibt, die einen persönlichen Umgang mit einem Therapeuten schätzen. Ihnen fällt es leichter, sich auf Menschen einzulassen. Schlussendlich würde ich sagen, ist es stark typabhängig, welche Therapieart man bevorzugt.

Falls du noch mehr über “7Cups” erfahren möchtest, dann schau gern auf der offiziellen Website vorbei und vergiss nicht, auch auf unseren Social Media Kanälen, wie Twitter und Facebook, vorbeizuschauen. 

 

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