Wahrscheinlich belegt die Digitalisierung einen der Top-Plätze im Ranking der Innovationen der Menschheitsgeschichte. Diese vierte große, technologische Errungenschaft ermöglicht uns einen noch nie da gewesenen Lebensstandard. Wir müssten lügen, wenn sie unsere menschliche Lebensform nicht grundlegend verändert hat und weiterhin wird.
Für so ziemlich alles im Leben, somit auch für Technologie, gilt: Es kann zum Guten und zum Schlechten eingesetzt werden. Im Zusammenhang mit der Digitalisierung, vor allem im Bereich der Künstlichen Intelligenz, wird eine Behauptung immer lauter: Maschinen werden zu Menschen.
Wie stehen Menschen und Maschinen im digitalen Zeitalter zueinander?
Jetzt mal ganz ehrlich: Du selbst entscheidest dich doch jeden Tag zu Handy, Laptop, Tablet oder Smart Watch zu greifen. Du entscheidest dich, mit Alexa, Siri oder sämtlichen anderen Sprachassistenten zu sprechen. Du entscheidest dich für das Verschicken von E-Mails, für das Posten auf Social Media, für das Online-Shopping und für das Musik-Streaming. Oh, und natürlich Netflix!
Was ich damit sagen will, liegt auf der Hand: Wir alle entscheiden über die Nutzung technologischer Möglichkeiten. Folglich entscheiden wir auch darüber, WIE wir von ihnen gebrauch machen möchten. Sollen sie zum ökonomischen und sozialen Fortschritt beitragen, oder lieber doch zum politischen Kontrollverlust, zur Medienabhängigkeit und der Benachteiligung ganzer Gesellschaften?
Mensch ≠ Maschine
Werfen wir einen Blick auf Künstliche Intelligenzen. Willensfreiheit gibt es in der Logik der KI nicht. Maschinen tun das, wofür sie programmiert wurden. Sie verhalten sich so, wie sie sollen, nicht wie es ihnen gerade beliebt. Jegliches „Benehmen“, das von diesem Soll abweicht, lässt sich auf Anomalien im System oder anderweitigen Beschädigungen zurückführen. Um beispielsweise „lernende“ Roboter und komplexere Softwaresysteme zu entwickeln, weisen manche softwaregesteuerten Systeme probabilistische Funktionen auf. Das heißt, dass beispielsweise die nächste Handlung nicht fix, sondern nur die Wahrscheinlichkeit für mögliche Handlungen angegeben werden kann.
Menschen hingegen denken über ihre Handlungen nach (meistens ?), sind in der Lage, sie mit Gründen zu untermauern und sie danach auszurichten. Wir handeln nach „bestem Wissen und Gewissen“, haben also die Fähigkeit, Entscheidungen auf Basis der für uns „besten Gründe“ zu treffen. Das ist einer der Aspekte, die unsere menschliche Freiheit und Verantwortung ausmacht und uns alle von Maschinen unterscheidet. Würden unsere Handlunge bereits vor jeder Überlegung oder jedem Bedenken der Pro’s und Con’s feststehen (oder auch nur die Wahrscheinlichkeitsverteilung aller möglichen Handlungen), wären wir weder frei noch verantwortlich.
(Anmerkung: Inwieweit der Mensch wirklich frei ist, bzw. ob er überhaupt frei ist, ist eine enorm große philosophische Diskussion. Um den Rahmen dieses Beitrages nicht zu sprengen nehmen wir hier aber an, dass wir zumindest freier als Maschinen sind.)
Du, deine Familie, deine Freunde, ich, wir alle sind keine Maschinen. Ebensowenig die Natur als Ganzes. Die Digitalisierung transformiert Menschen nicht in Maschinen und auch umgekehrt macht sie aus Maschinen keine Menschen. Viel eher hält sie an den Besonderheiten unserer menschlichen Spezies und unseren Fähigkeiten fest und zieht lediglich digitale Technologien zu Hilfe, um diese Einzigartigkeit zu erweitern, nicht um uns in unserem Menschsein zu beschränken. Beispiele dafür kannst du, unter anderem, in unserer Cyborgseptember-Reihe nachlesen.
Übrigens…
Das hier ist lediglich ein Gedankenentwurf. Nicht mehr, nicht weniger. Wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und sind offen für deine Meinung! Wie bereits oben angemerkt sind viele Punkte, beispielsweise die Frage nach der Freiheit des Menschen, selbst große Diskussionsthemen. Sämtliche Annahmen die wir in unseren Beiträgen treffen, dienen lediglich der Vermeidung des Schreibens eines Romans ?
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Quelle: Nida-Rümelin, Julian: „Digitaler Humanismus“, in Max Planck Forschung 2/2019, S. 10-13
Isabella Herdega
Eigentlich besteht mein Leben aus der Aneinanderreihung von Buchstaben. Ich lasse aus ihnen Wörter entstehen, füge sie zu Sätzen zusammen und erzähle damit Geschichten. Ab und an esse ich aber auch einfach gern Pizza.