Auf meiner “Was ich am Sommer nicht mag- Liste” stehen, neben Mückenstichen und viel zu heißen Nächten, definitiv Dreimeterbretter. Vor fast 14 Jahren bin ich zum ersten und letzten Mal auf so ein Ding geklettert. Während meine Füße langsam die Leiter empor stiegen, war mein Kopfkino gigantisch. Immerhin hatte ich das Gefühl, nicht auf Metallsprossen zu steigen, sondern auf Schaschlikspieße und ich fühlte mich darauf wie Reiner Calmund.
Je weiter ich mich vom festen Grund entfernte, desto sicherer war ich mir, dass ich sterben würde. Noch bevor ich wusste, was ich tun sollte, falls eine der Leitersprossen durchbricht oder ich darauf ausrutsche, war ich auch schon oben. Der Blick in die Tiefe, unmöglich. Meine Finger krallten sich verkrampft um das Geländer und wütend dachte ich mir:”Richtig großes Kino mal wieder mit dir! Warum bringst du dich immer wieder in solche Situationen? Toll, hier oben musst du jetzt also bleiben und im besten Fall, lachen dich auch noch die Vögel aus.” Keine Sorge, ich wurde gerettet und seit dem nehme ich mir jeden Sommer wieder vor, vom Dreimeterbrett zu springen, bisher glorreich erfolglos. Meine Höhenangst und ich verstehen uns bis heute nicht sonderlich gut.
VR-Therapie
Jedoch gibt es Hoffnung, für alle hoffnungslosen Fälle wie mich! Wissenschaftler der Universität Würzburg entwickelten eine Methode, mit der sie bessere Ergebnisse in der Behandlung von Höhenangst erzielen konnten, als bisherige Therapieformen. Eine Kombination aus transkranieller Magnetstimulation (TMS) und Virtual Reality (VR) soll es möglich machen, die Patienten beim Verlernen ihrer Ängste zu unterstützen. (siehe Quelle)
Wie funktionierts?
Die ringförmige Magnetspule, die den Patienten bei der TMS um den Kopf gelegt wird, schickt Impulse durch die Schädeldecke. Eine spezifische Region im Frontallappen, der eine wichtige Rolle im Verlernen von Ängsten spielt, wird dabei angesteuert und durch verschiedene Frequenzen kann die Gehirnaktivität angeregt oder vermindert werden. Nach einer zwanzigminütigen Stimulation des vorderen Stirnlappens, werden die Patienten in einer VR- Simulation auf einer Plattform hoch über dem Boden stehend, mit ihren Ängsten konfrontiert. Laut den Forschern spielt es keine Rolle, dass die erlebte Umgebung nicht real sei, da die Patienten auch in einer virtuellen Realität, ihre Ängste konkret erleben, obwohl sie wissen, dass sie sich in Sicherheit befinden. (siehe Quelle)
Erfolge
Die Forscher fanden dies im Rahmen einer Studie, an der 39 Patienten mit extremer Höhenangst teilnahmen, heraus. Eine Hälfte der Gruppe erhielt vor der VR- Simulation, eine TMS des Frontallappens, die andere lediglich eine Scheinstimulation. Bereits nach zwei Sitzungen verminderte sich die Angst der per TMS behandelten Patienten, den Studienergebnissen zufolge profitierten aber alle Probanden von der VR- Therapie. Die positiven Therapieeffekte waren auch nach drei Monaten noch deutlich zu sehen. (siehe Quelle)
Falls dich deine Höhenangst im Alltag einschränkt, dir Lebensqualität raubt und du das Gefühl hast, schon alles probiert zu haben, dann wäre eine VR- Therapie noch einen Versuch wert. Vielleicht können wir dann alle gemeinsam vom Dreimeterbrett springen!
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Isabella Herdega
Eigentlich besteht mein Leben aus der Aneinanderreihung von Buchstaben. Ich lasse aus ihnen Wörter entstehen, füge sie zu Sätzen zusammen und erzähle damit Geschichten. Ab und an esse ich aber auch einfach gern Pizza.